Mehr Spielraum

Mehr Spielraum zum Abbau von grossen Reserven

Der Staat muss keine üppigen Reserven haben: Das neue Finanzhaushaltsgesetz ergänzt die bestehenden Regelungen zum Haushaltsgleichgewicht und zur Ausgabenstabilisierung mit solchen zu einem geregelten Abbau von Vermögen. Die FDP-Fraktion unterstützt die Anpassung und steht geschlossen hinter der Fassung der vorberatenden Kommission. Diskussionsbedarf gibt es beim Kapitel über die Finanzkontrolle, vor allem bezüglich deren Zuordnung und bei der Frage nach dem Wahlgremium.

Das dem Grossen Rat ab 1. März 2023 zur Beratung vorgelegte Finanzhaushaltsgesetz stützt sich auf das Harmonisierte Rechnungslegungsmodell 2 (HRM2). «Das Finanzhaushaltsgesetz ist eines der zentralen kantonalen Gesetze», sagt Anders Stokholm. «Es legt die Beurteilungskriterien für die Finanzlage fest und regelt die Organisation sowie die Steuerung», hält der Präsident der vorberatenden Kommission fest. Spezifisch ist dabei das auf Initiative des damaligen FDP-Kantonsrates Richard Nägeli entstandene Instrument der Ausgabenstabilisierung. «Dank diesem stehen die Thurgauer Kantonsfinanzen heute solide da», windet Anders Stokholm seinen Vorgängern ein Kränzchen.

Unabhängigkeit muss gewährleistet sein

Die FDP-Fraktion sieht die Finanzkontrolle als ein sehr wichtiges Instrument, um den Umgang mit den Finanzen des Kantons zu beaufsichtigen. Auf die Wichtigkeit deren Unabhängigkeit hatte die FDP.Die Liberalen Thurgau bereits in der Vernehmlassung hingewiesen. Wohl erwogen sein muss die Zuordnung und die Wahl der Leitung. Die vorberatende Kommission will die Finanzkontrolle administrativ neu der Staatskanzlei zuordnen und die Wahl der Leitung der unabhängigen Aufsicht in die Hände des Grossen Rates legen. Der Regierungsrat möchte die Finanzkontrolle administrativ dem Departement für Finanzen und Soziales zuordnen und deren Leitung durch den Regierungsrat wählen lassen. Kantonsrätin Kris Vietze, Präsidentin der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission (GFK), weist auf einen wichtigen Aspekt in dieser Diskussion hin: «Wie auch immer die Organisation ist, der Informationsfluss darf nicht beeinträchtigt werden. Die Leitung der Finanzkontrolle soll unabhängig von ihrer allfälligen Zuordnung wie bisher in engem Austausch mit dem Departement für Finanzen und Soziales bleiben.»

Keine üppigen Reserven anlegen

Das Wachstum des Staates darf höchstens so stark sein, wie die hiesige Wirtschaftsleistung ansteigt. Nach dem neuen Artikel 34 können aber auch Reserven abgebaut werden. Der Frauenfelder Kantonsrat Jörg Schläpfer sagt dazu: «Das ist wichtig. Denn der Staat muss kein üppiges Polster anlegen». Das neue Finanzhaushaltsgesetz ergänzt die bestehenden Regelungen zum Haushaltsgleichgewicht und zur Ausgabenstabilisierung mit solchen zu einem geregelten Abbau von Vermögen. Bisher musste der Staatshaushalt mittelfristig ausgeglichen sein. Diese starre Regelung verunmöglichte einen Abbau von Vermögen. Die aktuell bestehenden, sehr grosszügigen Reserven könnten nur vorübergehend angezapft werden, müssten dann aber innerhalb eines Zeitraumes von wenigen Jahren wieder hergestellt werden.

«Wir erwarten, dass das neue Finanzhaushaltsgesetz vom Kanton und den Gemeinden auch umgesetzt wird und die Steuern tief gelassen werden, wenn Reserven bestehen.»

Ins Eigenkapital statt in Töpfe

Jörg Schläpfer, Mitglied der vorberatenden Kommission, vertritt die Ansicht, dass Ertragsüberschüsse vermehrt dem «harten» Eigenkapital zugeführt werden und weniger in einzelne «Töpfe» fliessen. «Mit der Rechnungslegung soll keine Politik gemacht werden», so Jörg Schläpfer. Die FDP-Fraktion unterstützt die von der vorberatenden Kommission in fünf Sitzungen ausgearbeitete Fassung und steht geschlossen hinter dem revidierten Gesetz zum Finanzhaushalt.

Jörg Schläpfer, Kantonsrat; Anders Stokholm, Kantonsrat, Präsident der vorberatenden Kommission