liBERNale Gedanken
Kolumne von Nationalrätin Kris Vietze
Tote Hose: Es braucht dringend frischen Wind – denn nur Wirtschaftlichkeit führt zu tieferen Prämien
November 2024
Die Kosten im Gesundheitswesen sind zu hoch. Noch etwas höher ist allerdings der Unwille zu Reformen.
Die einen träumen aus ideologischen Gründen von einem staatlichen, steuerfinanzierten Gesundheitswesen. Und verkaufen das der Bevölkerung als seligmachende Lösung.
Ein bedingt erfolgreiches Umsetzungsbeispiel dafür ist England. Dessen Gesundheitswesen zeichnet sich durch lange Wartezeiten, starken Druck auf das Gesundheitspersonal und mangelnden Zugang zu Therapien aus. Solange ein solches System nicht eingeführt wird, wollen die Ideologen nichts ändern.
Die anderen betreiben Schattenboxen mit Scheinlösungen und stecken unter lautem Lamento den Kopf in den Sand. Weil sie der Bevölkerung keinen reinen Wein einschenken wollen. Also hüten sie sich davor, etwas zu ändern.
Die Rechnung dafür muss die Bevölkerung zahlen.
Dabei sind Lösungen da, die frischen Wind bringen würden: Mehr Wettbewerb, cleverere Versicherungsmodelle. Alles Vorschläge, die von der FDP kommen. Ich würde mich freuen, wenn auch unsere politischen Mitbewerber aufschliessen würden: Ändern kann sich an der Prämienbelastung der Menschen nur dann etwas, wenn wir die Wirtschaftlichkeit des Systems verbessern.
Die verdeckten und die offenen Gegner wirtschaftlicher Reformen erzählen die Mär, dass jede Änderung hin zu mehr Wettbewerb, Transparenz und klügeren Versicherungsmodellen die Versorgung der Bevölkerung gefährde.
Das ist nicht wahr.
Tatsache ist, dass beispielsweise viele Spitäler in verschiedenen Fachbereichen die von der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) empfohlenen Mindestfallzahlen nicht erreichen.
Dabei haben zu tiefe Fallzahlen doppelt negative Auswirkungen auf die Bevölkerung. Einerseits fehlt die Routine, was auf Kosten der Behandlungsqualität für Patientinnen und Patienten geht. Andererseits halten wir teure infrastrukturelle und personelle Ressourcen vor, die gar nicht genutzt werden. Das führt direkt zu Mehrkosten für die Prämienzahlenden.
Deswegen habe ich in einer Interpellation den Bundesrat gefragt, wie er mit diesem Umstand umgehen will – insbesondere, weil er in seinen Vorgaben zur Spitalplanung die Kantone auffordert, auch Mindestfallzahlen zu berücksichtigen.
Tiefere Prämien entstehen durch mehr Wirtschaftlichkeit – so einfach ist das.
Und noch ein Wort zur Tagesaktualität: Die Reform zur einheitlichen Finanzierung behebt einen offensichtlichen Systemfehler. Deswegen ist sie richtig und wichtig. Natürlich lösen wir mit dieser Reform nicht alle Probleme im Gesundheitswesen – dafür braucht es mehr, siehe oben.
Aber die Reform ist ein sinnvoller Schritt in die richtige Richtung. Damit weiter aufgeräumt werden kann – zugunsten der Bevölkerung.
Bezaubernde Illusion
Mai 2024
Erinnern Sie sich an David Copperfield? Er gilt noch heute als einer der besten Illusionisten der Welt.
Er schwebte über dem Grand Canyon, liess die Freiheitsstatue verschwinden, schlüpfte durch die Chinesische Mauer.
In der echten Welt sind Illusionen allerdings nicht unterhaltsam. Sondern irreführend.
Zum Beispiel die Illusion, dass wir glauben, wir könnten als Land bei allen Ausgaben aus dem Vollen schöpfen. Und gleichzeitig merken viele Menschen desillusioniert, dass ihnen immer weniger zum Leben bleibt. Wie geht das zusammen?
Die fiskalische Illusion in der Schweiz verschleiert die wahre Dimension der Besteuerung und der Staatsausgaben. Der Staat entzieht Gesellschaft und Wirtschaft enorme Mittel. Trotzdem hat er dauernd klamme Kassen und weder Geld für die Armee – noch die 13. AHV. Dafür beschäftigt er bald ein Viertel aller Angestellten in der Schweiz.
Damit wir diese Ineffizienzen nicht bemerken, zaubert unsere offizielle Statistik. Sie rechnet unsere Staatsquote schön, indem sie obligatorische Abgaben und Versicherungen wie Krankenkasse und Pensionskasse einfach weglässt. Das ergibt dann attraktive Werte – allerdings mit einem Haken: Sie sind eine irreführende Illusion. In Wahrheit sind wir einfach OECD-Durchschnitt, das heisst, rund 42 Prozent des BIP gehen an Staat, Pensions- und Krankenkassen.
Wir können nicht zaubern: Jeden Franken, den der Staat ausgibt, haben Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen und Unternehmer zuerst erarbeitet – und dann abgeben müssen. Es ist keine Illusion, dass jeder Franken, den der Staat den Menschen nimmt, den Menschen dann fehlt.
Die Alternative zum Status Quo ist in unserer Demokratie keine Illusion, wir haben es in der Hand: Ein schlanker Staat, der den Menschen so viel wie möglich vom hart erwirtschafteten Geld zur freien
Verlockende Verpackung
Februar 2024
In Bern spüre ich es noch deutlicher als hier bei uns im Thurgau: Links befindet sich im Klassenkampf, rechts wägt sich in einem Kampf der Kulturen. Und beide versprechen, dass ihre Konzepte ins Idyll führen: Die einen offerieren Vollkasko-Sozialstaat for free und leistungsbefreite Achtsamkeit mit Kuschelfaktor. Die anderen bieten bodenständigen binnenwirtschaftlichen Wohlstand in Mundart und ohne fremde Einflüsse, bei dem alles so bleibt, wie es noch nie war. Beide Wege führen direkt ins Chaos.
Wir haben heute bereits effektive Staatsausgaben in der Höhe von 45 Prozent des BIP. Unser Land arbeitet also bis Mitte Juni eines Jahres – für Väterchen Staat. Kein Wunder, sinken Kaufkraft und Investitionsfähigkeit, wenn staatlich verteilte Mittel ständig steigen und Kosten von Ineffizienz sozialisiert werden. Fast die Hälfte jedes BIP-Frankens wird im Aussenhandel erwirtschaftet – an dem mit allen populistischen Mitteln von links und rechts gesägt wird. Reduziert sich diese Hälfte, herrscht bald gähnende Leere in den Kassen der Binnenwirtschaft.
Die Antworten der Populisten auf die Herausforderungen der Zeit sind verlockend verpackt. Sie geben vor, attraktive Lösungen zu sein – verfolgen aber ein ideologisches Ziel: Die einen wollen sozialisieren, die anderen isolieren. Beide wollen eine Schweiz, die es zum Glück nie gegeben hat.
Die richtige Antwort, die den Menschen in unserem Land dient, heisst anzupacken statt hübsch zu verpacken: Starke Wirtschaft, sichere Altersvorsorge, erstklassige Bildung, intakte Umwelt, schlanker Staat – damit die Menschen ein gutes, sicheres und freies Leben führen können.