liBERNale Gedanken

Kolumne von Nationalrätin Kris Vietze

Bezaubernde Illusion

Mai 2024

Erinnern Sie sich an David Copperfield? Er gilt noch heute als einer der besten Illusionisten der Welt.

Er schwebte über dem Grand Canyon, liess die Freiheitsstatue verschwinden, schlüpfte durch die Chinesische Mauer. 

In der echten Welt sind Illusionen allerdings nicht unterhaltsam. Sondern irreführend.

Zum Beispiel die Illusion, dass wir glauben, wir könnten als Land bei allen Ausgaben aus dem Vollen schöpfen. Und gleichzeitig merken viele Menschen desillusioniert, dass ihnen immer weniger zum Leben bleibt. Wie geht das zusammen?

Die fiskalische Illusion in der Schweiz verschleiert die wahre Dimension der Besteuerung und der Staatsausgaben. Der Staat entzieht Gesellschaft und Wirtschaft enorme Mittel. Trotzdem hat er dauernd klamme Kassen und weder Geld für die Armee – noch die 13. AHV. Dafür beschäftigt er bald ein Viertel aller Angestellten in der Schweiz.

Damit wir diese Ineffizienzen nicht bemerken, zaubert unsere offizielle Statistik. Sie rechnet unsere Staatsquote schön, indem sie obligatorische Abgaben und Versicherungen wie Krankenkasse und Pensionskasse einfach weglässt. Das ergibt dann attraktive Werte – allerdings mit einem Haken: Sie sind eine irreführende Illusion. In Wahrheit sind wir einfach OECD-Durchschnitt, das heisst, rund 42 Prozent des BIP gehen an Staat, Pensions- und Krankenkassen.

Wir können nicht zaubern: Jeden Franken, den der Staat ausgibt, haben Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen und Unternehmer zuerst erarbeitet – und dann abgeben müssen. Es ist keine Illusion, dass jeder Franken, den der Staat den Menschen nimmt, den Menschen dann fehlt.

Die Alternative zum Status Quo ist in unserer Demokratie keine Illusion, wir haben es in der Hand: Ein schlanker Staat, der den Menschen so viel wie möglich vom hart erwirtschafteten Geld zur freien


Verlockende Verpackung

Februar 2024

In Bern spüre ich es noch deutlicher als hier bei uns im Thurgau: Links befindet sich im Klassenkampf, rechts wägt sich in einem Kampf der Kulturen. Und beide versprechen, dass ihre Konzepte ins Idyll führen: Die einen offerieren Vollkasko-Sozialstaat for free und leistungsbefreite Achtsamkeit mit Kuschelfaktor. Die anderen bieten bodenständigen binnenwirtschaftlichen Wohlstand in Mundart und ohne fremde Einflüsse, bei dem alles so bleibt, wie es noch nie war. Beide Wege führen direkt ins Chaos.

Wir haben heute bereits effektive Staatsausgaben in der Höhe von 45 Prozent des BIP. Unser Land arbeitet also bis Mitte Juni eines Jahres – für Väterchen Staat. Kein Wunder, sinken Kaufkraft und Investitionsfähigkeit, wenn staatlich verteilte Mittel ständig steigen und Kosten von Ineffizienz sozialisiert werden. Fast die Hälfte jedes BIP-Frankens wird im Aussenhandel erwirtschaftet – an dem mit allen populistischen Mitteln von links und rechts gesägt wird. Reduziert sich diese Hälfte, herrscht bald gähnende Leere in den Kassen der Binnenwirtschaft.

Die Antworten der Populisten auf die Herausforderungen der Zeit sind verlockend verpackt. Sie geben vor, attraktive Lösungen zu sein – verfolgen aber ein ideologisches Ziel: Die einen wollen sozialisieren, die anderen isolieren. Beide wollen eine Schweiz, die es zum Glück nie gegeben hat.

Die richtige Antwort, die den Menschen in unserem Land dient, heisst anzupacken statt hübsch zu verpacken: Starke Wirtschaft, sichere Altersvorsorge, erstklassige Bildung, intakte Umwelt, schlanker Staat – damit die Menschen ein gutes, sicheres und freies Leben führen können.